Brief an die Gemeinde zum 3. Fastensonntag

Gedanken zum 3. Fastensontag (Joh 2,13-25)

Wann war ich eigentlich das letzte Mal zornig? Wie lange ist das her? Was ist da geschehen? Haben sich dabei meine Probleme gelöst – oder sind sie sogar noch schlimmer geworden?

Solche und ähnliche Fragen könnten wir uns heute stellen, nachdem Jesus der Händler und Wechsler aus dem Tempel vertrieben hat, was wir auch am 3. Fastensonntag im Johannesevengelium hören. Und natürlich, was es mit diesem Zorn auf sich hat? Ob es nur schlecht ist, zornig zu sein, oder ob er nicht auch sogar einmal notwendig ist.

Ja, diesen so genannten „gerechten“ oder „heiligen Zorn“, ja, den gibt es. Anders wäre es auch nicht zu erklären, warum in der Bibel immer wieder vom „Zorn Gottes“ oder vom „Tag des Zorns“ die Rede ist – und warum Jesus zornig und wütend wurde, weil man aus dem Haus Gottes eine Markthalle gemacht hat.

Ja, manchmal scheint es eben tatsächlich notwendig zu sein, ordentlich auf den Tisch zu hauen, weil die anderen einfach nicht verstehen wollen, was verstanden werden muss; loszuschreien, damit sie endlich hören und begreifen, worum es wirklich geht; dreinzuschlagen, weil alle Worte abprallen, so als wären sie gar nicht gesagt worden.

Manchmal ist eben der Zorn das einzige Mittel, eine Katastrophe zu verhindern oder die verstockten Herzen, die für keine vernünftigen Argumente zugänglich sind, aufzubrechen.

Und trotzdem gehört der Zorn nach alter christlicher Tradition auch zu den sieben Todsünden, oder besser Hauptsünden, denn die Gefahr, dass mit einem Zornausbruch mehr kaputt gemacht als gerettet wird, diese Gefahr ist besonders groß. Und daher ist es allemal besser, wie es auch der heilige Franz von Sales, der Patron meines Ordens, meint, seinen Zorn lieber zu zügeln, als ihm freien Lauf zu lassen.

Man sollte dieses Mittel wirklich nur jene gebrauchen lassen, die diese hohe Kunstfertigkeit auch beherrschen. Franz von Sales nennt etwa Mose, Elija oder eben auch Jesus Christus.

„Wir aber,“ so schreibt Franz von Sales weiter, „wir, die wir fast alle kleine Leute sind, wir haben nicht so viel Macht über unsere Regungen. Unser Ross ist nicht so gut dressiert, dass wir es antreiben und dann auch wieder nach unserem Belieben zurückhalten könnten.“ (DASal 4,214). Für uns empfiehlt er deshalb, auf den Zorn lieber zur Gänze zu verzichten, denn: „Es ist leichter, den Zorn zu vermeiden, als ihn zu regeln.“ (DASal 1,140).

Wir sollen den Zorn lieber durch andere, leichter zu gebrauchende Tugenden ersetzen, wie etwa die Geduld, die Sanftmut oder die Herzlichkeit.

Franz von Sales selbst ist dafür ein gutes Beispiel. Er wird in der Kirchengeschichte der „liebenswürdige“, „herzliche“, „gütige“ Heilige genannt, weil er trotz seines zornigen Naturells eines Tages die Gefahr erkannte, die dieses Mittel enthält, und er deshalb beschloss, voll und ganz darauf zu verzichten: Ab heute werde ich nicht mehr zornig sein, ganz egal ob es sich um einen heiligen oder einen unheiligen Zorn handelt. „Ich bin nie in Zorn geraten“, so meinte er, „so berechtigt er auch gewesen sein mag, ohne dass ich nachher eingesehen hätte, es wäre besser gewesen, ich wäre nicht zornig geworden“ (DASal 5,374).

Franz von Sales war überzeugt: Letztlich ist eigentlich nur Gott allein fähig, das Mittel des Zorns zu unserem Heil zu gebrauchen … alle anderen sollten den Zorn sein lassen. Denn: „Nichts besänftigt den rasenden Elefanten so sehr wie der Anblick eines Lammes, und nichts dämpft die Gewalt eines Geschosses so sehr wie Wolle“ (DASal 5,374).

Überlassen wir also Jesus den heiligen Zorn, wir aber konzentrieren uns lieber auf die Sanftmut, Herzlichkeit und Geduld. Amen.

Ich wünsche euch/Ihnen einen gesegneten 3. Fastensontag.

P. Alex

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