Brief an die Gemeinde zum 15. Sonntag der Osterzeit

Brief an die Gemeinde zum 15. Sonntag der Osterzeit

dav

Liebe Kinder und Jugendliche, liebe Schwestern und Brüder!

 

Jede Pfarrei muss eine Chronik führen. Über die verschiedensten Aktivitäten muss berichtet werden. Die Aktionen der einzelnen Arbeitskreise werden erwähnt. Es soll ein Bild gezeichnet werden von dem, was sich im Laufe des Jahres in einer Pfarrei so tut.

Wie lebendig, wie aktiv ist unsere Pfarrgemeinde?

Das soll sich in der Pfarrchronik spiegeln. Und dazu dienen auch angeführte Zahlen: Wie viele Taufen gibt es im Laufe eines Jahres? Wie viele Menschen treten wieder in die Kirche ein? An zwei fixen Sonntagen werden die Gottesdienstbesucher gezählt. Und all diese Zahlen und Berichte gehen dann an die Diözese. Man will dadurch feststellen, wie lebendig unsere Pfarrgemeinden sind, wie stark der Glaube in den einzelnen Gemeinden noch lebt. Aber:

Was macht eine lebendige Pfarrgemeinde eigentlich aus?

Ist es dann, wenn möglichst viele Leute sich an Sonntagen in den Kirchenbänken zählen lassen? Ist es dann, wenn viele Aktionen die Leute in Scharen in die Pfarrräume locken? Genügt es, wenn viele kommen? Die Botschaft der heutigen Schrifttexte ist nicht „Komm!“ Die Botschaft ist eine ganz andere, nämlich: „Geh!“ „Geh, Seher!“, so befiehlt Gott dem Amos. Und im Evangelium ruft Jesus die Zwölf und sendet sie aus, jeweils zu zweit. „Und die Zwölf machten sich auf den Weg“ – heißt es dann weiter.

Lebendiger Glaube braucht die Sendung, braucht das Hinausgehen.

Nur zu bleiben, sich immer wieder nur versammeln und sich unter seinesgleichen wohl fühlen, das ist zu wenig. Zu den Menschen gehen, nicht darauf warten, dass sie kommen! Das ist unsere Herausforderung und unser Auftrag. Wie viele fernstehende Menschen unserer Pfarrei besuchen wir? Wie viele laden wir ein, doch wieder einmal zu kommen und den Glauben mit uns zu feiern? Ich denke, daran ließe sich auch die Lebendigkeit unserer Gemeinde feststellen. Nicht nur an der Zahl der Kirchenbesucher. Aber es geht ja nicht primär darum, die Lebendigkeit festzustellen. Es geht darum, einen Grundauftrag unseres Glaubens ernst zu nehmen, nämlich den Auftrag:

Geh! Geh, ich sende dich zu den anderen Menschen. Geh, ich sende dich zu jenen, die nicht da sind.

Aber gilt dieser Auftrag wirklich auch mir? Bin ich wirklich auch gemeint? Gott sendet Amos. Ein ganz einfacher Mann. Ein Landwirt und Viehzüchter. Kein religiös Gebildeter, kein Schriftgelehrter. Von der Viehherde hat Gott in weggeholt und gesendet. Wie könnte Gott da nicht auch mich meinen und nicht auch mich brauchen? Als der Mensch, der wir eben sind, will Gott auch uns senden. Mit dem, was wir tun, und sei es auch noch so bescheiden, können wir Zeugnis geben. Wir brauchen keine großen Gottes-Erfahrungen zu haben. Wenn jeder von uns nur das Wenige lebt und bezeugt, was ihm im Glauben wichtig geworden ist, dann kann das schon unheimlich viel sein und Großes in unserer Gesellschaft bewirken. Wir brauchen keine Heiligen sein und keine Märtyrer. Wir brauchen keine Wunder an den Kranken wirken.

Heilsam für andere einfach da sein – das kann jede und jeder von uns.

Jesus sendet seine Jünger nicht alleine aus, sondern jeweils zwei zusammen. Es geht also um die Erfahrung von Gemeinschaft: „Ein Christ ist kein Christ!“ sagt ein altes Sprichwort. Es ist oft sehr schwer, wenn man ganz allein im Glauben ist, wenn man sich allein durchschlagen soll. Wir Christen brauchen die Gemeinschaft und die Erfahrung, dass wir nicht allein sind im Glauben. Dazu ist auch der Gottesdienst da, damit wir immer wieder erleben und erfahren, wir sind nicht allein auf dem Weg. Wir müssen und sollen keine Einzelkämpfer sein.

Es geht darum, Leben zu teilen, Erfahrungen zu teilen, sich miteinander zu freuen, aber auch Schweres miteinander zu tragen. Voneinander zu wissen und füreinander da zu sein.

Und Jesus ist es auch klar, dass wir nicht immer Erfolg haben und wir auch damit leben müssen, dass uns jemand nicht versteht, ja nicht verstehen will. Diese Erfahrung machen wir vielleicht schon im ganz direkten Umfeld, in unserer eigenen Familie, in unserem eigenen Freundeskreis. Nicht alle teilen unseren Glauben, können oder wollen nicht verstehen und mitvollziehen, was uns selber viel bedeutet, woraus wir Orientierung und Kraft für unser Leben schöpfen. Angesichts solcher und ähnlicher Erfahrungen sagt uns Jesus zu:

Grämt euch nicht! Geht weiter, wenn man euch nicht hören will. Niemand soll gezwungen werden, den Glauben anzunehmen. Doch dort, wo unser Glaube Wurzel schlagen kann, dort können wir gemeinsam Gutes tun und Gutes bewirken.

Darum geht es Jesus. Das ist seine Sendung an die Jünger. Und das ist jene Sendung, die auch uns gilt. Und wie lebendig unsere Pfarrgemeinde ist, werden weniger die Zahlen der Sonntagsgottesdienst-Besucher zeigen. Sondern vielmehr, wie sehr wir diese Sendung Jesu ernst nehmen und leben. Amen!

Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag!

 

Ihr Pater Alex

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