Brief an die Gemeinde im Juli
Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert
Liebe Mitchristen,
„Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert“. Das ist einer der sehr speziellen Kernsätze des Evangeliums diesen 13. Sonntages im Jahreskreis. Der Evangelist Matthäus reiht hier einige grundsätzliche und uns Orientierung schenkende Weisheiten und Wahrzeiten aneinander: So heißt es zu Beginn des heutigen Evangeliums: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert“.
Mit mancher Wahrheit und Lebenserfahrung tun wir uns vielleicht etwas schwer. Es ist zwar eine natürliche und normale Entwicklung, sich von seinen Eltern bzw. sich von seinen Kindern zu lösen. Hier beansprucht Jesus die totale Abnabelung, was sicher auch immer eine neue Herausforderung für die und den einzelnen bedeutet.
Und dann gleich im nächsten Vers die nicht sehr motivierende Äußerung Jesu:„Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert“. Das Kreuz, und somit die Tatsache des gekreuzigten Christus, ist auch 2000 Jahre später nicht weniger dramatisch und traurig. Das Bild des Kreuzes löst Schmerz und Trauer in uns aus. Und wir fragen uns: haben wir in unserer Welt nicht schon genug Not und Elend? Reicht es nicht, wenn wir fast Tag für Tag von Horror-Informationen aus der ganzen Welt überflutet werden?
„Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert“.
Diese beiden Worte „sein Kreuz“ ist eine gute Möglichkeit, die Schwere der Aussage etwas zu erleichtern. Wir Menschen neigen dazu, uns zu überfordern, dazu trägt bei, dass wir in einer Konsum- und Leistungsgesellschaft leben. Und gerade jetzt, in der Corona-Kriese, erleben wir miteinander erst den Anfang einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die viel Kraft und Energie kostet. Aber: Indem jede und jeder nur sein bzw. ihr Kreuz aus sich nimmt, ganz individuell und persönlich, dann ist schon viel gewonnen. Dann kann es weitergehen. Sein eigenes Kreuz liege zu lassen, es zu irgnorieren ist leicht. Aber genau das ist die Aussage Jesu: Nimm dein Kreuz an, nimm dein Leben an, so wie es im Moment ist, Tag für Tag, Stunde für Stunde.
Die Nachfolge Jesu entsteht ja Schritt für Schritt. Sie ist eine besondere Entscheidung, so wie sie damals die Apostel und die vielen Jüngerinnen und Jünger getroffen haben bzw. sich von Jesus haben ansprechen lassen. Nachfolge Jesu ist im Grund die Antwort jeder und jedes einzelnen auf den Ruf Gottes – immer wieder, Gott sei Dank! Gott spricht uns an, so wie Jesus z.B. die Fischer Petrus und Andreas angesprochen hat. Sie sind ihm gefolgt, ohne zu ahnen, ohne zu wissen, wie Jesu Nachfolge geht, was Nachfolge Jesu bedeutet. Sich auf das Ungewisse einzulassen, fordert Mut und sehr großes Vertäuen – im wahrsten Sinn des Wortes Gottvertrauen.
An diesem außergewöhnlichen Abenteuer sind die Apostel fast gescheitert. Nach der Kreuzigung zogen sie sich zurück, trafen sich hinter verschlossenen Türen. Doch Jesus gibt sich ihnen in den österlichen Begegnungen zu erkennen, er zeigt ihnen seine Kreuzes-Wunden, erhält mit ihnen gemeinsames Mahl nach dem reichen Fischfang und schenkt allen betend Wartenden mit Maria den Hl. Geist, der sie dann befähigt, die Frohe Botschaft in die Welt zu tragen.
Und das geschieht bis heute. Nachfolge hat viele, viele Gesichter und noch mehr Hände, aber vor allem: Nachfolge hat mit Herz und Leidenschaft und der liebenden Beziehung zu Jesus, zu Gott zu tun. Die innere Auseinandersetzung mit meinem Gott, mit meinem Kreuz, mit meinem Leben ist die Basis und das wichtige Fundament für meine vertrauensvolle Gottesbeziehung. Denn Vers 39 unseres Sonntagsevangeliums bringt das wunderbar zum Ausdruck:
„Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden“.
Mit herzlichen Grüßen
Christine Petrowski
Gemeindereferentin Kinder und Jugendliche