Brief an die Gemeinde im Dezember

Indischer Advent

Die wissbegierigen netten Leute fragen mich oft, wie wir in meinem Heimatland in Indien Advent und Weihnachten feiern. Eine spontane, sachlich und fachlich angemessene Antwort geben, fällt mir nicht leicht, da ich zum letzten Mal zu Weihnachten vor 35 Jahren im Elternhaus und vor 18 Jahren in der Mission war. Deswegen gilt hier: „Alle Angaben sind ohne Gewähr“ und „Irrtümer und Änderungen sind vorbehalten“. Nur 2,5% der Inder sind Christen. Deswegen wird Weihnachten nicht so groß wie die indischen Feste Diwali und Holi gefeiert. Man feiert auch regional. In Goa, Kerala oder Nordostindien, wo es eine ansehnliche Anzahl von Christen gibt, wird beispielsweise das Fest anders begangen.

Der Adventkranz, Adventfeier, Seniorenadvent, Mitarbeiteradvent sind noch nicht zur Gewohnheit geworden. Auch Weihnachtsgeld ist keine indische Tradition. Einen kitschig dekorierten Christbaum mit Farbpapier und sogar mit den Schneeflocken aus Rohbaumwolle findet man aber überall. Es wird dazu immer ein großer Ast eines großen Baumes verwendet, dessen Blätter in zwei Tage vertrocknet waren. Weihnachtsgeschenke gibt es nicht für die Erwachsene, nur die kleinen Kinder bekommen sie - meistens in der Form des neuen Kleides. Auch Weihnachtstorten (Christmas Cake) zu verschenken, ist üblich in Indien.

Das „Christmas Carol“ ersetzt das Adventsingen bzw. Weihnachtslieder und gehört zum äußerlichen Teil des Advents. Das Carol-Singen ist von der ursprünglichen Bedeutung her vergleichbar mit dem Sternsingen in Deutschland. Beide verkünden „Christus ist geboren“. Mit dem Carol-Singen verkünden die jungen Leute in Indien die frohe Botschaft der Geburt Christi fast jedem katholischen Haushalt. Zum Carol gehört auch ein Weihnachtsmann. Er wird als ein Besuch aus der Pfarrei angesehen.

Die Krippe ist das zentrale Element der Weihnachtsfeier. Jede Familie baut eine eigene Krippe. Ein Wettbewerb findet in der Pfarrei für die beste Krippe statt. Ein Team besucht die Mitbewerber zu Hause, um der besten Krippe den Preis zu verleihen. Seien Sie nicht überrascht, wenn Sie auf den Krippen Porsche, Ferrari, Hochhäuser, Nuklearanlagen, indische Fahnen usw. finden! Der Alltag wird auf der Krippe nachgespielt. Ein leuchtender, meistens fünfeckiger Stern vor dem Haus ist ein Muss für jedes Haus. Der Stern ist die Ankündigung des Weihnachtsfestes. Wenn Sie Glück haben, werden Sie diesen Sternen sogar bis in die Fastenzeit hinein sehen können.

Advent ist nur eine kirchenorientierte Sache in Indien. Advent ist keine Zeit zum Feiern, sondern eine besinnliche, innehaltende Zeit des Gebetes. Advent ist also eine pure spirituelle Vorbereitung auf das Weihnachtfest. Er wird als die kleine Fastenzeit betrachtet. Viele verzichten auf Fleisch und essen nur vegetarisch. Normalerweise feiert man keine Hochzeit und Taufe in der Adventzeit, auch wenn es vom Wetter her die beste Zeit dafür ist, um von dem Wesentlichen nicht abgelenkt zu werden. Roratemessen sind uns dabei kein Begriff. Allerdings war jede Messe eine Roratemesse, da der Stromausfall im regelmäßigen Abstand stattfindet. Die Pfarreien organisieren spirituelle Programme wie Exerzitien und Einkehrtage. Die Bräuche, Rituale und Traditionen sind mehr geistlich als weltlich. Die Heilige Messe regelmäßig zu besuchen ist ein wesentlicher Bestandteil des Advents, vor allem die Christmette. Die Ankunft des Herrn, der das Licht bringt und Dunkelheit erhellt, wird durch die geistliche Vorbereitung zum Ausdruck gebracht.

 

Ihr Pfarrer P. Dr. Sabukuttan Francis MSFS